Schaut man international auf die Jugendweltmeisterschafften wird in 3 Kategorien unterteilt. Kadetten-Weltmeisterschaft (U8 bis U12), Jugendweltmeisterschaft (U14 bis U18) und die Königsdisziplin, die Junioren-WM (U20). Letztere ist am 21.9. in Mexiko-Stadt gestartet. Alle Weltmeisterschaften sind in Mädchen und Jungsturniere unterteilt. Wobei die Turniere für junge Männer offiziell „Open“ heißen, da auch weibliche Spielerinnen theoretisch teilnehmen dürfen.
Bei der Junioren-WM hat sich keine Spielerin bereit erklärt die deutschen Farben bei den Damen hoch zu halten. Die Aussichten auf eine Medaille sind zu gering. Die nur bedingt geförderte Reise hingegen mit Flug und Hotel sehr teuer.
Bei den Jungs wiederum schickt der Deutsche Schachbund 4 Spieler mit ins Rennen. Allen voran die Nummer 2 der Setzliste GM Frederik Svane, der kurz vor dem Turnier die Botschaft verdauen musste, dass er für die kommende Mannschafts-Europameisterschaft nicht nominiert wurde. Vor ihm ist nur noch ein gewissen Hans Niemann gesetzt. Niemann hatte gerade seinen langen Streit mit Magnus Carlsen und chess.com beigelegt, da machte sich es Vladimir Kramnik zur Aufgabe das Thema eines möglichen Betrugs durch den US-Amerikaner nochmal auf die Tagesordnung zu setzen.
Svane wird ein Wörtchen um den Titel mitreden können und seine Elo so weit verbessern wollen, dass Bundestrainer Jan Gustafsson beim nächsten internationale Mannschaftswettbewerb nicht mehr um ihn herum gekommt.
Auch Ruben Gideon Köllner ist in Mexiko mit dabei. Nach einer Durststrecke hat sich der junge, für die Schachfreunde Deizisau spielende, internationale Meister gefangen. Marschierte in letzter Zeit von einem guten Turnierergebnis zum Nächsten, sammelte auf dem Weg auch seine erste GM-Norm ein. Die Elozahl mit über 2480 ist auch nur noch knapp von der Großmeisterstärke entfernt. Als Favorit auf eine Medaille gilt er formell nicht, doch mit einem guten Lauf, ist sicher eine ganze Menge möglich.
Nicht weit hinter Köllner ist mit Marius Fromm, der 2472 Elopunkte auf die Waage bringt, gesetzt. Für ihn gilt so ziemlich das Gleiche, wie für Köllner. Die breitere Schachöffentlichkeit wurde auf Fromm aufmerksam, als dieser bei der Einzel-Europameisterschaft stark mitmischte und nicht allzu weit davon entfernt war sich für den World Cup zu qualifizieren.
Das Quartett wird von Tobias Kölle komplettiert. Auch er ist mit einer Elo von ber 2450 unter den Top 30 der Rangliste zu finden und macht immer wieder mit starken Ergebnissen von sich reden.
Hört man sich bei jenen an die vor Ort sind, gibt es auch kritische Stimmen. Der Transport vom Flughafen zum Hotel, nach langer und anstrengender Reise, hatte 2 Stunden Verspätung. Das Hotel bietet keine optimalen Bedingungen, schlägt bei den Preisen aber voll zu. Jeder Teilnehmer bekommt zu Beginn des Turniers einen Stift zugeteilt, den er über das ganze Turnier über behalten und benutzen muss. Die Verpflegung im Turniersaal mit Speisen und Getränken ist ausbaufähig, vor allem vor dem Hintergrund, dass die Teilnehmer selbst weder Stifte noch Verpflegung selbst mitnehmen dürfen.
Wer, wie der Schreiber dieser Zeilen, schon häufiger als Spieler oder vor allem Trainer bei internationalen Meisterschaften vor Ort war, den verwundert eine solche Einschätzung nicht. Eine Weltmeisterschaft, wo jeder Jugendliche gerne mitspielt, unterstützt von der Fide... da riecht jeder Beteiligte an der Organisation auch den möglichen finanziellen Nutzen. Gespart wird am Komfort der Teilnehmer. Das hat im Jugendbereich leider inzwischen Tradition und wird von den allermeisten Föderationen klaglos hingenommen.
Die Stadt selbst stößt wiederum auf große Begeisterung, genau wie der Coach der deutschen Spieler. Evgenij Romanov, ehemals für Russland, inzwischen für Norwegen startend war einst Zuarbeiter von Magnus Carlsen. Seine Verbindungen zu Bundesnachwuchstrainer Bernd Vökler sind sehr eng, vor allem aus Erfurter Zeiten gewachsen und so verwundert es wenig dass dieser Top-Coach immer wieder gern gesehener Trainer für deutsche Nachwuchskräfte ist.
Der erste Tag lief sehr erfolgreich für die vier deutschen Starter. Alle Partien konnten gewonnen werden und auch zur zweiten Runde gingen alle Deutschen als Favoriten ins Rennen, der Elounterschied zu ihren Gegner war jedoch ungleich geringer. Nach drei Runden ist nur noch Ruben Köllner unbeschadet im Turnier, auch dank eines kampflosen Sieges in Runde 3. So wird er in seinen 19. Geburtstag sicher mit vielen positiven Emotionen starten können. Frederike Svane verlor seine dritte Runde, genau wie Tobias Kölle. Marius Fromm hatte bereits in Runde 2 einen halben Punkt liegen gelassen.
Wir drücken den Deutschen Teilnehmern die Daumen!
Bild: Deutscher Schachbund