"Und so wurde Geschichte geschrieben" | Magnus Carlsen

"Und so wurde Geschichte geschrieben" | Magnus Carlsen

Nach seinem herausragenden Sieg beim grenke Chess Festival in Karlsruhe mit 9 aus 9 Punkten stellte sich Magnus Carlsen für ein Interview mit Fiona Steil Antoni zur Verfügung.

Magnus, neun aus neun – du bist der Champion dieses grenke Freestyle Chess Turniers. Wie fühlst du dich nach diesem unglaublichen Erfolg?
Es fühlt sich fantastisch an. Ich habe so etwas noch nie zuvor geschafft, und ich werde es
wahrscheinlich auch nie wieder schaffen. Es ist einfach unglaublich. Natürlich wusste ich,
dass es eine Chance gab, aber so richtig glauben konnte ich es erst ganz am Ende, als es
wirklich sicher war. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.

Was ging dir durch den Kopf, als Vincent [Keymer] aufgab? 
Erleichterung – aber auch Freude. So eine Leistung erlebt man nicht oft... eigentlich fast
nie. Es ist einfach ein unglaubliches Gefühl.

Wo ordnet sich dieser Erfolg unter deinen vielen Leistungen ein?
Sehr, sehr weit oben. Vor allem, weil das Turnier so hart war – zwei Partien pro Tag gegen
extrem motivierte Spieler. Mir fällt gerade kein anderes Turnier ein, bei dem ich etwas
Besseres geleistet habe. Das sagt eigentlich alles.

Gab es einen Wendepunkt, an dem du dachtest: „Vielleicht schaffe ich wirklich 9 aus 9“?
Ehrlich gesagt habe ich darüber erst nachgedacht, nachdem ich gestern gegen Parham
[Maghsoodloo] gewonnen hatte. Da dachte ich: „Eine bessere Chance bekomme ich nicht.“ Als ich dann wusste, dass ich gegen Mamedov spiele, fand ich die Auslosung recht gut. Er ist ein starker, solider Spieler, aber nicht ganz in der Weltspitze, und seine Partien im Turnier waren teils etwas wild. Ich dachte, ich hätte mit Schwarz gute Chancen – und ich wollte das Turnier unbedingt vor der letzten Runde gewinnen. Die letzte Partie war ein ziemlicher Schlagabtausch, ich habe lange Zeit nur versucht, durchzuhalten. Am Ende hatte er Zeitnot, ich habe meine Chance genutzt – und so wurde Geschichte geschrieben.

Du hast so viel Erfahrung in Drucksituationen. Hast du heute vor der letzten Partie
Nervosität gespürt?
Am Anfang war ich relativ ruhig. Ich wollte mich einfach konzentrieren und eine ordentliche Partie spielen. Aber je weiter die Partie ging, desto gespannter wurde ich – sie war extrem kompliziert. Und gegen Ende war ich definitiv nervös, weil ich wusste, dass ich gerade dabei war, etwas Besonderes zu erreichen.

Du wolltest Freestyle-Schach im klassischen Format spielen – zuerst gab es die
geschlossenen Rundenturniere, jetzt ein großes Open. Du hast sie alle gewonnen. Was bedeutet dir dieser Erfolg – erst Paris, jetzt Karlsruhe?
Ich bin einfach sehr dankbar, dass ich die Möglichkeit habe, an so großartigen Turnieren
teilzunehmen. Es ist natürlich ein riesiger Bonus, wenn es dann auch noch gut läuft. Diese
Events sind zwar anstrengend, aber es macht auch Spaß, sich ans Brett zu setzen und zu
wissen, dass ich den Prozess wirklich genießen kann – das ist nicht immer der Fall bei
Turnieren.

Anish Giri hat auf Twitter gewitzelt, du machst im Freestyle-Schach denselben „Fehler“ wie im klassischen Schach: Du beendest die Partien zu schnell. Was sagst du dazu?
Ich glaube nicht, dass das ein Fehler ist. Ich spiele vor allem, weil mir das Spiel Freude
bereitet. Solche Erfolge sind dann einfach ein sehr schöner Bonus – selbst wenn er groß ist.

Du warst gerade im Kommentatorenstudio. Der nächste Freestyle-Event ist in Las Vegas.
Gibt es jemanden, der sich den Platz dort besonders verdient hätte?
Vincent hatte hier auf jeden Fall seine Chancen. Ich finde, er ist wirklich sehr gut in diesem Format. Das Turnier in Vegas wäre definitiv reicher mit ihm dabei.
[Anm.d.Red.: Den freien Platz für den Freestyle Grand Slam in Paris sicherte sich am Ende Parham Maghsoodloo.]

Und noch kurz zum Schluss: Die Fans sind in großer Zahl erschienen – was hat dir das
bedeutet?
Es ist schön, aber auch anstrengend – ich kann mich nirgends verstecken (lacht). Deshalb
spiele ich solche Turniere auch nicht ständig. Aber es macht natürlich Spaß, so viel
Begeisterung zu erleben.

Und deine Lieblingspartie in diesem Turnier?
Ich mochte tatsächlich beide Partien von heute sehr. Es waren echte Kämpfe. Aber was die Qualität angeht, war meine Partie gegen Mamedov wohl die beste.

Magnus, vielen Dank für deine Einblicke. Nochmals herzlichen Glückwunsch zu diesem außergewöhnlichen Sieg – und alles Gute für Las Vegas und was noch kommt!
Vielen Dank!

Link zum Original Interview:
Magnus Carlsen Making History! | grenke Freestyle Chess Open Winner 2025

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