Weltrekordversuch im Blindsimultan - Diese Ankündigung verleitete mich zu einem kleinen Abstecher nach Plochingen, unweit meiner eigentlichen Heimat Nürtingen. Der hiesige Verein, die Schachfreude Plochingen, beging sein 75-jähriges Jubiläum mit einem Festakt. Das Programm umfasste ein Blindschach-Event mit FM Marc Lang, eine Podiumsdiskussion u.a. mit Schachmäzen Wolfgang Grenke sowie am folgenden Tag ein Schachturnier, ein Event mit GM Dmitrij Kollars und dergleichen.
Mit dem Vorsitzenden Heiko Elsner hatte ich vorher Kontakt. Er hatte die Idee, Marc Lang zum Blindschach einzuladen, offenbar über mein Podcast-Interview mit Marc Lang bekommen. Dieses Mal versuchte sich Lang an 16 Gegnern. Den Weltrekord mit 15 Gegnern hatte er im Jahr 2019 selbst aufgestellt. Übrigens: der Rekord im Langschach liegt bei 48 Brettern und wurde Marc Lang vor einigen Jahren von GM Timur Gareyev abgejagt.
Hier die Außenansicht auf das Rathaus von Plochingen mitsamt dem Plakat zur 75-Jahr-Feier:
Die sehr professionell gestaltete Jubiläumsbroschüre kann man übrigens hier herunterladen.
Marc Lang eröffnete die Partien, indem er den ersten Zug jeweils am Brett ausführte.
Im Zuschauerbereich bzw. vor dem Übertragungsbildschirm (gespielt wurde mit DGT-Technik) war man gespannt.
Dann der "Super-Gau" (Zitat Marc Lang): Der Rechner streikte, und es gab eine ca. 30-minütige Zwangsunterbrechnung. Dies gab Zeit für einen Blick aus dem Fenster auf Plochingens Marktplatz sowie auf eines von Plochingens Wahrzeichen, das Hundertwasserhaus.
RegioTV war auch vor Ort und interviewte die einzige weibliche Teilnehmerin.
Dann ging es wieder weiter. Marc Lang vertiefte sich zusehends ins Spiel. Die Teilnehmer mussten natürlich zum Teil auf Marc Langs Züge warten. Sie selbst hatten nur 20 Minuten Zeit auf der Uhr.
Der Vorsitzende Heiko Elsner (im weißen T-Shirt im Bild) führte an den Brettern 5-10 die Züge für Marc Lang aus.
Im Bild unten der Spieler an Brett 11, der in abgebildeter Stellung zu kämpfen hatte.
An Brett 1 erwartete der Bürgermeister von Plochingen Marc Langs nächsten Zug. Marc Langs humoristischer Kommentar zu Beginn: "Normalerweise sind Politiker dankbare Gegner." Doch der Bürgermeister erwies sich im weiteren Verlauf als würdiger Gegner.
Ganz besonders freute es mich übrigens, dass zu den Kiebitzen auch Martin Hahn gehörte. Der Schachdichter hat zuletzt einige Gedichte im Schachgeflüster Podcast veröffentlicht. Hier in Plochingen habe ich ihn zum ersten Mal persönlich getroffen.
Marc Lang hat sich übrigens mal wieder von seiner lustigen Seite gezeigt. Öfters einmal setzte er Pointen, zum Beispiel mit folgendem Dialog: "Brett 3, wieviel DWZ hast du nochmal?“ - „1400“ - „Ok, dann d2-d4“. Was mag er sich dabei gedacht haben? Über Facebook erfolgte später die Aufklärung: "Hintergrund der Frage nach der DWZ von Brett 3 war, ob ich solide oder aggressiv gegen seinen Sizilianer spielen soll. Ich hoffe, es kommt nicht arrogant rüber, aber bei DWZ 1400 hab ich tatsächlich gedacht, dass Morra-Gambit die bessere Wahl sei "
Kurz darauf dann an Brett 14, als die Züge 1. e4 e5 2. Lc4 Sf6 auf dem Brett waren, rief Marc Lang in den Saal: „Ich bin jetzt schon raus. Wenn man als Kind aufhört, e4 e5 zu spielen, dann rächt sich das im Blindsimultan. Sagt das Euren Kindern.“
Für einen weiteren Lacher sorgte der Spieler an Brett 6 mit folgendem Dialog: "Herr Lang?“ - „Ja?“ - "In Anbetracht meiner Zeitnot biete ich Remis an.“ Marc Lang überlegte und nahm dann in der nächsten Runde das Remis tatsächlich an.
Leider musste ich aus privaten Gründen schon vor Ende der Partien den Ort verlassen, doch ich habe natürlich hinterher noch nach dem Ergebnis geforscht. Dieses habe ich auf dem Facebook-Kanal von Marc Lang gefunden.
Da er ein positives Ergebnis hatte, bedeutet dies: neuer Weltkrekord! Herzlichen Glückwunsch!
Ich fragte Marc, wer ihn besiegt habe. Die Antwort: "Oh je, ich und Namen... Ein junger Spieler, mit der Bird-Variante im Spanisch. Hat mich total überspielt, ich war mehr oder weniger chancenlos." - Glückwunsch an den Spieler! (Nachtrag: Der junge Mann heißt Lukas Eitel).
Kurz darauf verblüffte Marc Lang mit dem abgebildeten Statement. Er will tatsächlich mit Schachspielen aufhören? Kaum zu glauben, vor allem mit solchen einmaligen Fähigkeiten. Ich hoffe, Ulrich Geilmann hat mit seinem Kommentar unterhalb des Fotos recht.
Natürlich ging es nach dem Blindsimultan noch weiter mit den Festivitäten der Schachfreunde Plochingen. Auch Schachgeflüster-Interviewgast Dmitrij Kollars war mit von der Partie. Einen kleinen Eindruck davon bekommt man durch die Bilder auf Martin Hahns Twitterkanal sowie sicherlich demnächst auf der Homepage der Schachfreunde Plochingen. Dort sind übrigens auch die Partien des Blindsimultan downloadbar.
WEITERER NACHTRAG: HIER NUN DAS SCHÖN GEMACHTE KURZVIDEO VON REGIOTV! mit Livebildern und Interviews vor Ort.
Vielen Dank nach Plochingen für die tolle Organisation und das schöne Event!
P.S.: Und noch ein Nachtrag: Sowohl Marc Lang als auch ich und mindestens ein weiterer Teilnehmer haben sich leider das Coronavirus eingefangen... ich wünsche allen einen milden Verlauf.