Vorschau auf die Bundesliga-Saison 2023/24

Vorschau auf die Bundesliga-Saison 2023/24

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Am 21. Oktober beginnt die Schachbundesliga! Bei den Frauen startet die Liga bereits am 14. Oktober. Anlass genug für einen ausführlichen Vorbericht.

Schachbundesliga

In der letzten Saison wurde - mal wieder - die OSG Baden-Baden Deutscher Meister vor Viernheim und Solingen. Die Badener konnten es sich leisten, auf aufgestellte Spieler wie Caruana, Giri und Anand komplett zu verzichten. Die eingesetzten Akteure wie Maxime Vachier-Lagrave, Levon Aronian und nicht zuletzt Vincent Keymer (8,5 aus 12!) waren stark genug, die Konkurrenz in die Schranken zu weisen (Foto: Stefan Spiegel / SC Viernheim).

Der Schlusspunkt der Saison wurde jedoch nicht am Schachtisch, sondern am grünen Tisch gesetzt. Die SK Kirchweyhe klagte erfolgreich gegen die auf der Mitgliederversammlung der Bundesliga beschlossenen Änderungen der Turnierordnung. Diese bezwecken eine stärkere Jugendförderung, verstoßen aber gegen EU-Recht, so das Schiedsgericht der Bundesliga.

Damit bleibt es bei den vier sportlichen Absteigern (SF Berlin, Münchener SC 1836, Deggendorf und Schönaich), und der SK Kirchweyhe darf weiter in der Bundesliga mitspielen. Darüber freut sich Vereinsboss Peter Orantek (Foto: Nicolas Trebout).

Ungleich weniger erfreut über die Vorgänge war Ulrich Geilmann. Der ehemalige Schachbundesliga-Vizepräsident trat zurück und machte seinem Ärger in einem Statement Luft. Das Amt konnte inzwischen mit Reinhard Ahrens vom Hamburger Schachklub neu besetzt werden.

Zwischen alter und neuer Saison sind einige der Clubs im europäischen Umfeld aktiv, und zwar beim European Club Cup in Albanien, der in etwa der Fußball Champions League entspricht. Allen voran ruhten die Hoffnungen auf dem SC Viernheim, der die Medaillenränge anpeilte und mit Shakh Mamedyarov auch einen Weltklassemann aufbot. Dieser setzte mit seinem doppelten ...Te3!! auch ein spielerisches Glanzlicht (Foto: Sandra Schmidt). Leider sollte dies nicht erreichen, so dass die Viernheimer die Medaillenränge verpassten. Des weiteren nahmen auch Werder Bremen, die SG Solingen, König Tegel und Schönaich teil.

Die Aufsteiger aus den zweiten Ligen sind MSA Zugzwang München (das Team der Schachakademie München um Stefan Kindermann und Gerry Hertneck), der SC Heimbach-Weis-Neuwied, der SC Ötigheim und HSK Lister Turm aus Hannover. Für Lister Turm wird es ohne einen einzigen Großmeister im Team schwer, die Klasse zu halten. Spannend wird sein, wie Schachblogger IM Jakob Pfreundt sich an Position zwei schlägt. Bei Zugzwang wartet an Position 1 neu im Team der Ukrainer Pavel Eljanov auf, der mit 2695 Elo knapp am Super-GM-Titel vorbeischrammt. Interessantester Spieler bei Heimbach-Weis-Neuwied ist wohl Dr. John Nunn, weltbekannter Schachbuchautor und Seniorenweltmeister Ü65 (Foto: Ray Morris-Hill).

Der SK Kirchweyhe setzt wie gehabt auf seine Balkan-Connection, bestehend größtenteils aus kroatischen und serbischen Spielern. Mit weitgehend unveränderter Mannschaft tritt der Vorjahresdritte SG Solingen an. Der Inder Pentala Harikrishna führt das Team an, auch der Österreicher Markus Ragger ist wieder mit von der Partie. Ebenso personell stabil ist Werder Bremen. An Brett eins spielt nach wie vor Kirill Shevchenko, der jetzt dem rumänischen Verband angehört. Ex-Europameister David Navara und sein tschechischer Landsmann Thai Dai Van Nguyen führen wieder den Kader des SV Mülheim Nord an.

Bei Doppelbauer Kiel steht nun Hans Niemann (genau, der!) nicht mehr im Kader. Ohnehin kam er in der letzten Saison nicht zum Einsatz. Ebenso fehlt Andrei Esipenko (nach Düsseldorf in Liga 2 gewechselt) in der Aufstellung, dafür ist nun neu an der Spitze Kirill Alekseenko, der nun für den österreichischen Verband antritt. Ihn kennen wir noch als Wild-Card-Teilnehmer beim Kandidatenturnier 2020. Auch der Pole Pawel Teclaf, bekannt von seinem viral gegangenen Umfaller, ist wieder mit von der Partie.

https://www.youtube.com/watch?v=e1ftkDt11Rw

Fast-Absteiger Hamburger SK setzt wieder auf seine beiden jungen Inder Nihal Sarin und Luke Leon Mendonca sowie die Brüder Frederik und Rasmus Svane. Frederik rückt durch seine starken Leistungen im letzten Jahr von Position 8 auf 4 vor.

Beim SC Remagen Sinzig führt wieder Vasyl Ivanchuk die Setzliste an. Bleibt zu hoffen, dass der beliebte Ukrainer mehr als in der letzten Saison (nur Spieltage 1 und 2) zum Einsatz kommt. Der FC Bayern München muss den Verlust seiner Nummer eins Parham Maghsoodloo an Viernheim verkraften, kann aber nach wie vor auf die Dienste seines iranischen Landsmanns Amin Tabatabaei sowie Niclas Huschenbeth zurückgreifen. Bundesligarekordspieler Klaus Bischoff wird sicherlich auch zum Einsatz kommen, auch wenn er sich mittlerweile in der Kommentatorenrolle wohler fühlt.

Zum Zungeschnalzen ist erneut die Aufstellung der OSG Baden-Baden, die bis einschließlich Rang 16 mit Spielern über 2600 Elo daherkommt.

Das Ligaorakel attestiert dem Grenke-Team dementsprechend eine 68,3-prozentige Meisterschaftschance:

Caruana, Anand, Rapport & Co. werden dieses Jahr aber sicherlich häufiger auftauchen müssen, wenn die Badener die Konkurrenz aus Viernheim in Schach halten möchten. Denn diese hat nicht nur Maghsoodloo aus München losgeeist, sondern mit Carlsen-Rivale Hikaru Nakamura einen absolut spektakulären Neuzugang verpflichtet. Nicht zu vergessen die bereits im Kader befindlichen Stars Jan-Krzysztof Duda sowie Nordirbek Abdusattorov. Auch Deutschlands Nr. 2 der Frauen, Dinara Wagner, wird möglicherweise zu Einsätzen kommen. Hier die Aufstellung:

Viernheim hat Ambitionen angemeldet, und zwar nicht nur spielerisch, sondern auch was die Außendarstellung angeht (vgl. Interview mit Clubchef Stefan Martin auf schachbundesliga.de). Zu hoffen ist, dass auch GM Igor Kovalenko in der kommenden Saison wieder Gelegenheit zu Einsätzen hat. Der Ukrainer kämpft zurzeit gegen die russischen Invasoren (vgl. Bericht).

Bleibt noch der Vorjahresvierte, die Schachfreunde Deizisau. Das Team von Sven Noppes wird nach wie vor vom Ungarn Peter Leko angeführt, der im letzten Jahr aber nur bei einem Doppelspieltag zum Einsatz kam. Neu im Team ist Bundestrainer Jan Gustafsson (Foto aus 2010: Wikipedia). Gustafsson ist nach etlichen Jahren in Baden-Baden nun nach Deizisau gewechselt. Er läuft an Position 6 (direkt hinter Legende Gata Kamsky) auf.

Interessant wird zu sehen sein, wie sich die stärkste Schachliga der Welt nächstes Jahr in Sachen Öffentlichkeitsarbeit positioniert. Auf ihrer Homepage, Facebook und X (ehemals Twitter) ist die Liga recht aktiv. Jedoch wäre ein Livestream der Bundesligapartien auf dem Twitchkanal von SchachdeutschlandTV, organisiert durch die Schachbundesliga als e.V., sehr wünschenswert. Dasselbe gilt für einen eigenen YouTube-Kanal mit Interviews und Zusammenfassungen der Partien. Der Deutsche Schachbund hält sich an dieser Stelle zurück, da die Bundesliga (anders als die zweiten Ligen und die Frauenbundesliga) nicht zu ihm gehört.

Positiv ist die Ankündigung der Schachbundesliga zu werten, dass es in der neuen Saison "eineinhalb" zentrale Endrunden geben wird: Vom 23. bis 25. Februar werden alle 16 Teams in Viernheim zu Gast sein und die 9. bis 11. Runde der Saison zentral spielen. Am Wochenende 27./28. April werden 8 Teams in Hannover die letzten beiden Spieltage bestreiten. Schade ist dagegen, dass das Spitzenduell Baden-Baden vs. Viernheim schon am zehnten von 15 Spieltagen stattfindet. Der Spielplanersteller der Frauenbundesliga ist es insoweit besser gelungen, die Spannung hochzuhalten (dazu s.u.).

In jedem Fall dürfen sich Schachfans auf eine spannende Saison mit hochkarätigen Spielern freuen. Die übernächste Saison verspricht sogar noch spannender zu werden, denn dann wird der Düsseldorfer SK die Liga aufmischen. Mit Gukesh, Praggnanandha und Erigaisi bieten die Westdeutschen drei der indischen Wunderkinder auf, dazu weitere Hochkaräter wie Leinier Dominguez und Vidit Gujrathi. Doch zuerst einmal muss der Aufstieg in die 1. Liga bewältigt werden.

Hier die Ansetzungen der Schachbundesliga für die ersten beiden Runden:


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Frauenbundesliga

Die Frauenbundesliga geht bereits am 14. Oktober an den Start. Zwölf Mannschaften treten wieder in den Wettstreit um die Meisterschaftskrone. Drei Teams werden den Gang in Liga zwei antreten müssen.

Letztjähriger Meister war der SK Schwäbisch Hall (Foto: Homepage Schwäbisch Hall). Insbesondere die georgischen Team-Weltmeisterinnen Jakahshvili, Batsiashvili und Arabidze waren die Garantinnen für den Titel, der erst am letzten Bundesliga-Doppelspieltag entschieden wurde. Dazu gesellt sich im neuen Jahr nach zweijähriger Pause wieder Bela Khotenashvili an Brett eins. "Schwäbisch Georgien", wie die Schwaben auf ihrer Homepage selbst sagen, wird in dieser Saison also wieder im Einsatz sein.

Knapp und überraschend geschlagen wurde im letzten Jahr die OSG Baden-Baden. Dass Deutschlands beste Spielerinnen Elisabeth Pähtz und Neuzugang Dinara Wagner im Kader nur auf Brett 6 und 7 geführt werden, zeigt die Stärke des Teams um Neu-Schweizerin Kosteniuk, die Muzychuk-Schwestern, die nach Spanien gewechselte Iranerin Sara Khadem und Zhansaya Abdumalik aus Kasachstan. Die Bulgarin Salimova, die sich für das Kandidatenturnier 2024 qualifiziert hat, taucht erst an Position 10 auf, und Ex-Weltmeisterin Stefanova rangiert gar erst auf Platz 11. Damit darf Baden-Baden als Favorit auf die Meisterschaft gelten.

Der bayerische Club SC Bad Königshofen muss den Weggang von Dinara Wagner nach Baden-Baden verkraften. Am Spitzenbrett ist wieder Jana Schneider aufgestellt. Für einen Platz im oberen Mittelfeld sollte es reichen. Optimistisch darf auch die SG Solingen in die neue Saison blicken. Mit der aus der Ukraine stammenden Kateryna Dolzhykova verpflichtete man immerhin die Nummer drei der deutschen Rangliste.

Von den drei Aufsteigern (Karlsruhe, Löberitz und Kiel) haben die Karlsruher Schachfreunde wohl den stärksten Kader. Am Spitzenbrett ist die Schweizerin und Schachgeflüster-Interviewgast Lena Georgescu aufgestellt.

Prominentester Name bei der SG Löberitz (die Stadt des Schachmuseums) ist erneut FIDE-Geschäftsführerin Dana Reizniece-Ozola.

Beim Hamburger SK darf man auf die weitere Entwicklung des holländischen Jungstars Eline Roebers gespannt sein, die auf Position zwei vorgerückt ist. Neu im Team ist Nationalspielerin Melanie Lubbe, die von den Rodewischer Schachmiezen nach Hamburg wechselte. Rodewisch tritt erneut mit einem stabilen Team an. Fiona Sieber an Brett drei wird sich im Kampf gegen die starke Konkurrenz beweisen müssen.

Bei Weißblau Allianz Leipzig sind vier Polinnen auf den ersten sechs Brettern aufgestellt. Ob das Team stark genug für den Klassenerhalt ist, wird sich zeigen. Dasselbe gilt für TuRa Harksheide, wo sich Nationalspielerin und Neuzugang Lara Schulze an Position drei einfindet.

Die Schachfreunde Deizisau spielten im letzten Jahr überraschend bis kurz vor Schluss um die Meisterschaft mit. Das Team wird von Hanna Marie Klek angeführt, neu dabei ist an Position zwei die Armenierin Lilit Mkrtchian. Mit Dina Belenkaya, Fiona Steil-Antoni (Foto: Wikipedia) und Angelika Valkova haben die Schwaben zudem drei bekannte Schach-Influencerinnen im Team.

Die Saison endet dieses Mal sehr spät, nämlich am Wochenende vom 7.-9. Juni 2024. Das Spitzenduell zwischen Baden-Baden und Schwäbisch Hall findet am letzten Spieltag statt - Spannung ist also garantiert. Ob es eine zentrale Endrunde der Frauenbundesliga geben wird, ist noch nicht gesichert. Dem Vernehmen nach haben die Rodewischer Schachmiezen ihr Interesse wegen der nicht gesicherten Finanzierung zurückgezogen.

Was sagt eigentlich das Ligaorakel? Die Meisterschaft wird erwartungsgemäß zwischen Baden-Baden (70,5%) und Schwäbisch Hall (28,3%) entschieden. Dagegen steht Aufsteiger SK Doppelbauer Turm Kiel praktisch schon als Absteiger fest. Marta Michna ist mit Abstand die stärkste Spielerin, dahinter werden sich Schachbox-Weltmeisterin Alina Rath & Co. vermutlich schwer tun. Doch wie sagte einst der Fußballtrainer Adi Preißler? Entscheidend ist auf´m Platz!