Interview mit TikTok-Schachstar Willeinhelm

Interview mit TikTok-Schachstar Willeinhelm

TikTok-Star Willeinhelm über die Frage, wie man einen erfolgreichen Schachkanal aufbaut.
Das ist TikTok-Star Willeinhelm Reading Interview mit TikTok-Schachstar Willeinhelm 8 minutes Next Chess Tigers beim Karlsruher Jugendopen

In Teil 1 über TikTok-Schachstar Willeinhelm haben wir den Content Creator Willeinhelm kennengelernt. In diesem Teil 2 erzählt  Willeinhelm selbst mehr über sich. Hier seine Antworten auf unsere Fragen .

Chess Tigers: Hallo Willeinhelm! Du hast auf TikTok über 100.000 Follower: wie hast du das geschafft?

Willeinhelm: Eine geheime Formel, wie man viele Abos auf Tiktok erhält, gibt es nicht. Ich habe drei Jahre lang fast täglich Videos erstellt und hochgeladen. Insgesamt über 1500 Videos sind es geworden. Die ersten drei Monate hatte ich garkeine Abonnenten. Nur meine Frau und ich selbst haben meine Videos geliket. Ich habe lediglich weiter gemacht, weil es mir Spaß bereitet hatte. Man lernt von Video zu Video dazu, ob durch Feedback, Selbstreflexion oder außerhalb. Ich denke, jeder kann zu jedem Thema auf Tiktok eine Reichweite aufbauen, solange man Spaß hat und dranbleibt.

Chess Tigers: Was bedeutet dein Name Willeinhelm? Und wie ist dein richtiger Name? Oder ist der geheim?

Willeinhelm: Das war eigentlich ganz lustig. In der Grundschule haben mich einige Klassenkameraden Willeinhelm genannt, weil ich Wilhelm heiße und deshalb wohl immer einen Helm haben will. Ja, Schlussfolgerungen von Kindern sind banal und simpel. Ich fand den Namen witzig und wollte nur einen, den man sich leicht merken kann, und den es bisher nicht gab.
Als ich wenige Abonnenten hatte, wurde ich wegen des Namens belächlet. Sogar im Freundeskreis. Nun, bei deutlich mehr Abonnenten, finden den Namen plötzlich viele toll oder cool. Falls das also jemand liest, der auch Content machen will, wähle einfach einen Namen, der dir gefällt. Eine große Rolle spielt das nicht.

Chess Tigers: Wer hat mehr Video-Views: The Big Greek oder du?

Willeinhelm: Das kommt auf das Format an. Bei Kurzvideos habe ich viel mehr Aufrufe, und bei langen normalen Youtube Videos hat Georgios deutlich mehr Aufrufe. Das hängt auch stark davon ab, worauf man sich spezialisiert, welche Zielgruppe man hat, und welchen Inhalt man zeigt. Ich setze als Amateur auf eine Kombination aus Unterhaltung und Tipps für frische Anfänger, die gerade erst mit Schach anfangen möchten. Ich sehe also keinen Wettkampf mit TBG, wer mehr Aufrufe bekommt oder mehr Abonnenten hat, sondern eine gegenseitige Ergänzung. Zusammen decken wir einen Großteil in Deutschland ab, wenn es um Schach geht. Wichtiger ist doch, dass wir Leuten den Einstieg zum Schach ermöglichen. Oder auch damalige Spieler wieder zurückholen. 

Chess Tigers: Wie kamst du zum Schach? 

Willeinhelm: Ganz klassisch, wie viele auch, durch die Serie das Damengambit auf Netflix. Ich habe als Kind vor 20 Jahren die Regeln gelernt, hin und wieder in einer Schulschach AG gespielt, aber schnell das Interesse verloren. Dann, während der Pandemie, als ich sehr viel zu Hause war, habe ich nach einer Beschäftigung gesucht, die mich ablenkt. So führte Schach zu Content und Content zu noch mehr Schach. Also zwei Hobbies, denen ich schonmal nachging, nun aber in Kombination. Als Ergänzung kamen da noch einige Youtuber, u.a. Schachpanda und TBG, die mich dazu motivierten. Ich habe David (Schachpanda) sogar per Mail gefragt, was er davon halte, wenn man als Schach Anfänger Content machen würde, oder ob es Zeitverschwendung sei. David hat zwar gemeint, es sei schwer, aber nicht unmöglich. Hauptsache man hat Spaß daran, und man sollte nichts großes erwarten. Mein neues Hobby hat mir dann geholfen, die doch recht einsame Zeit gut zu überstehen. Ich würde sogar sagen, wenn es nicht zur Pandemie käme, hätte ich niemals mit Schachvideos angefangen. Vielleicht wäre ich jetzt Angestellter in einem 40 Stunden Job, würde mehr Geld verdienen als jetzt, aber dafür habe ich andere Vorteile und bin im Großen und Ganzen im Reinen. Zu viel "was wäre wenn" tut einem Menschen ohnehin nicht gut.

Chess Tigers: Bist du in einem Schachverein?

Willeinhelm: Ich habe mir meinen Dorfverein nebenan angeschaut, war aber bisher nicht ganz davon angetan. Vielleicht waren dort zu wenig Teilnehmer, zu wenige Gleichgesinnte oder in meinem Alter. Die Menschen dort sind aber sehr herzlich und nett. Ich möchte aber gerne in einen Verein, wo mehr gefordert und gefördert wird, mehr starke Spieler sind, und man auch was beigebracht bekommt, anstatt nur Schach zu spielen. Ich schaue nächste Woche im Verein im Stadtzentrum vorbei. Auch wenn es weiter weg ist, finde ich vielleicht dort, was ich suche.

Chess Tigers: Wie stark bist du im Schach und wie hast du dich verbessert?

Willeinhelm: Ich spiele erst einige Jahre Schach und sehe mich mehr als Content Creator, und nicht als ambitionierter Schachspieler, der sich um jeden Preis verbessern will. Bisher habe ich noch kein Turnier gespielt und keine DWZ. Eine Partie für meinen Dorfverein habe ich gespielt. Das war auch direkt sehr verrückt: ich startete mit Weiß in das Königsgambit und wollte es sofort wissen. Die Partie habe ich auch sehr schön gewonnen. Auf Chess.com habe ich nun eine Schnellschachwertung von 1800 erreicht. Meine Langzeitziele in Schach sind jedenfalls dort die 2000 zu erreichen, generell besser zu werden, und auch eine DWZ zu erhalten. Sie würde Stand jetzt wahrscheinlich auch nicht über die 1600 hinausgehen. Schön wäre, irgendwann auf solide 1800 DWZ oder höher zu kommen. Für einen Schach Titel ist es längst zu spät. 2200 Fide Elo für den CM erreichen nur die allerwenigsten, und statistisch nur, wenn man vor dem 12. Lebensjahr mit Schach anfängt. Es ist nicht unmöglich, aber Schach ist nicht alles für mich. Es soll Spaß machen, aber nicht krampfhaft das ganze Leben bestimmen. 

Chess Tigers: Wie hast du es geschafft, dich im Schach zu verbessern? 

Willeinhelm: Verbessern konnte ich mich seit ich angefangen habe dennoch ganz gut. Am besten hilft das Mittel, was einem auch am meisten Spaß macht. Mir hat vor allem Spaß gemacht, Youtube Videos von GM Daniel Naroditsky anzuschauen, mich mit Eröffnungen zu beschäftigen (ich habe auch Kurse gekauft), oder mit Schach Computern zu spielen, die einen auf Fehler hinweisen. Zwingend verbessern muss ich aber mein Endspiel. Dafür bin ich irgendwie bisher zu faul gewesen. Ich glaube generell, dass man schnell viel besser wird, wenn man sicher im Endspiel ist. 

Chess Tigers: Welche Videos sind deine erfolgreichsten?

Willeinhelm: Meine erfolgreichsten Kurzvideos sind entweder humorvolle Geschichten über fiktive Großmeister kombiniert mit sehr schönen Eröffnungsfallen, oder aber auch schöne brillante Züge, die ich zeige und erkläre. Ich kann bis heute nach drei Jahren aber immer noch nicht sagen, warum welche Videos erfolgreich sind. Wenn ich das wüsste, würde ich viel mehr Videos davon machen, und wäre noch viel erfolgreicher. Die Wahrheit ist, man hat nur sehr selten solche viralen Videos. Das ist nicht weiter schlimm. Wichtiger ist, dass man eine solide und tolle Kerncommunity aufbaut. Und diese habe ich bereits. Sie kommen zu Live Streams, schauen alle Videos, und mögen mich als Menschen genau so wie ich sie mag. 

Chess Tigers: Deine Videos wirken immer professioneller. Wo hast du die ganzen Tricks zur Videobearbeitung gelernt?

Willeinhelm: Videobearbeitung habe ich mir selbst beigebracht. Das meiste mit Youtube, Google und selbst ausprobieren. Durch Feedback, Analyse und Auswertung versucht man, ständig etwas zu optimieren, sei es noch so klein. Diesen Prozess wiederholt man und wird dadurch stetig besser. 

Chess Tigers: Was treibt dich an, die Videos zu machen? Lohnen die Werbeeinnahmen die ganze Mühe?

Willeinhelm: Was mich am meisten bisher antreibt, sind so viele Menschen, die mir geschrieben haben, dass sie durch mich Schach angefangen haben zu lernen oder nach Jahren oder sogar Jahrzehnten wieder zum Schach zurückgekommen sind. Ich verändere Menschenleben zum Positiven und das ist mir sehr viel Wert. 
Natürlich aber auch mein Ego, dass meine Abonnentenzahlen steigen und ich dadurch Geld verdiene. Ich würde lügen, wenn ich sage, dass Geld hierbei keine Rolle spielen würde. 

Dennoch - die Youtube Einnahmen alleine sind sehr gering, insbesondere bei Kurzvideos. Erst letztes Jahr wurde für Kurzvideos auf Youtube eine Monetarisierung eingeführt. Erst da wurde man für 1000 Aufrufe mit 3 Cent entlohnt. Das ist natürlich nichts. Mittlerweile ist es auf 14 Cent pro 1000 Aufrufe gestiegen, aber man müsste schon viele Millionen Aufrufe machen, um alleine davon leben zu können. Zusätzlich erhalte ich Werbeeinnahmen auf Facebook und Tiktok. Für lange Videos erhält man deutlich mehr auf Youtube, etwa zwischen 3 und 4 € pro 1000 Aufrufe, aber ich bin darauf einfach nicht spezialisiert, habe nicht das Schachwissen wie ein TBG, und bisher auch kein passendes Format für mich gefunden. Mir machen Kurzvideos aber viel mehr Spaß und das wird weiterhin mein Fokus bleiben. 

Etwas mehr verdient man dann über Kooperationen für direkte Werbung oder Affiliate Links. Das ist beim Schach immer noch viel weniger als zB. in der Fitnessszene, aber auch nicht zu ignorieren. Wichtig ist nur, dass man hinter den Produkten und der Firma steht. 

Chess Tigers: Vielen Dank für deine Antworten und weiterhin viel Erfolg! 

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