Heute möchte ich einen neuen Schach-Podcast vorstellen. Doch zunächst einmal hole ich ein bisschen aus...
Anfänge des Schachgeflüster Podcast
Wenn ich an die Anfänge des Schachgeflüster Podcast denke, dann bin ich immer noch überrascht, wie schnell alles voran ging. Am 24. Oktober 2019 stellte ich die erste Podcastfolge online. Einige Wochen später gab mein Interview mit IM Christof Sielecki ("Der Schacherklärer") dem Kanal einen kleinen Schub. Christof erstellte sogar ein kleines Promo-Video, das meinem YouTube-Kanal einen Boost von 44 auf 88 Abonnenten brachte.
Zu weiterer Bekanntheit verhalfen auch die Artikel der Perlen vom Bodensee am 9. Februar 2020 ("Ein Schachpodcast. Auf Deutsch!") sowie der Bericht von ChessBase vom 18. Februar 2020.
Inzwischen sind es mehr als 1.400 YouTube-Abonnenten. Kleine Zahlen verglichen mit The Big Greek und Co., aber zusammen mit den Podcasthörern auf Spotify, Apple Podcast & Co. sowie den weiteren Kanälen Newsletter, Facebook, Instagram, Twitter, LinkedIn usw. bin ich doch recht zufrieden über das Erreichte.
Der erste deutschsprachige Schachpodcast
Schachgeflüster war nicht der erste deutschsprachige Schachpodcast, wie ich anfangs fälschlich behauptet habe. Der erste auffindbare Eintrag im Internet zum Podcast "SchachCast" datiert bereits aus dem Jahr 2006. Betreiber dieses Podcasts waren zwei Schachenthusiasten mit den Namen "Elozwerg" und "FrackerFracken", doch ist der Podcast inzwischen längst eingestellt.
Deutschlands produktiver Schachpodcast
Auch die Bezeichnung "einziger aktiver deutschsprachiger Schachpodcast" musste ich bald ad acta legen, denn ich fand heraus, dass Chanda von Keyserlingk seit 2018 einen Podcast betrieb. Dieser befasste sich zunächst mit dem Thema Fasten, wandelte sich dann allerdings in einen Podcast für Blindschachübungen um und erhielt später auch den Namen "Schach on air". Mir gefielen besonders die späteren Episoden über Schachbücher und zu historischen Schachpersönlichkeiten, wobei mir leider die Blindschach-Übungen meistens zu schwer waren. Chandas letzte Folge über Aron Nimzowitschs Buch "Mein System" erschien am 3. April 2021. Insgesamt sind stolze 295 Episoden produziert worden.
Zwei neue Schachpodcasts Anfang 2021
Kurz zuvor erblickten zwei neue Schachpodcasts das Licht der Welt. Beim einen handelt es sich um den Kinder-Schachpodcast von Xenia Bayer. Dessen erste Folge über das Schachland Indien ging am 7. Februar 2021 online. Inzwischen werden Xenias Folgen auch bei mir im Schachgeflüster Podcast (auf dieser Seite) veröffentlicht. Ich finde auch, dass der Podcast nicht nur für Kinder geeignet ist, geht es doch dabei zum Beispiel um Schachgeschichte, Schachkultur oder Themen wie Schachweisheiten von Tartakower .
Die zweite Neugründung in diesem Zeitfenster ist der Podcast von schachtraining.de. Betreiber ist Elias Pfann vom SC Höchstadt. Die erste Folge wurde am 29. März 2021 veröffentlicht. Mit seinem Konzept legte er - getreu dem Motto seiner Internetseite - den Fokus auf Schachverbesserung. Apropos Schachverbesserung:
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Überraschung: Die Schachglatzen
Am 18. November 2022 dann die nächste Überraschung: Der Schachglatzen Podcast. Kein geringerer als YouTube-Star The Big Greek ist dort zu hören. An seiner Seite einer meiner ersten Interviewgäste, der oben bereits erwähnte Christof Sielecki. Durch ihre enorme Reichweite haben mir die beiden natürlich längst den Rang abgelaufen, zumindest was die Anzahl der Hörer pro Episode angeht. Quantitativ liege ich mit 166 vs 10 Episoden natürlich immer noch weit vorne.
Parallel zu diesen Entwicklungen wurden natürlich immer mehr englischsprachige Schachpodcasts geboren. Die neuesten "Schwergewichte" sind der Chicken Chess Club (mit unserem GM Jan Gustafsson von chess24) und der C-Squared Podcast (mit keinem Geringeren als GM Fabiano Caruana). Einen Überblick bietet diese Übersicht über englischsprachige Schachpodcasts .
Neu: Scambit - Schach, Hype und Millionen
Warum ich das alles aufführe? Weil ich heute in derselben Lage bin wie die Perlen vom Bodensee damals, nämlich einen neuen Schachpodcast vorstellen zu können. Ab übermorgen, den 30. März 2023, wird dieser geboren. Und er wird an Reichweite alles in den Schatten stellen, was es bisher in Deutschland gab. Der Name des Podcasts lautet "Scambit: Schach, Hype und Millionen". Das Wort ist zusammengesetzt aus "Scam" (=Betrug) und "Gambit". Der Titel lässt erahnen, dass es in den ersten Folgen vornehmlich um die Causa Niemann gehen wird. Auch der bereits abrufbare Trailer deutet darauf hin, dass der Podcast wohl kaum das Thema Schachverbesserung behandelt, sondern eher Hintergrundgeschichten und Skandalöses. Die Revolte der Spitzenspielerinnen beim Frauen Grand Prix in Indien kommt da womöglich gerade zur rechten Zeit.
Moderator des Podcasts ist der Journalist Yves Bellinghausen. Nach eigener Aussage ist er selbst kein besonders starker Schachspieler, ist aber vom Schachvirus infiziert. Vor einigen Wochen hat er eine exzellente Radio-Reportage über Bobby Fischer veröffentlicht und sich dabei als Schachfan präsentiert. Nun also sein eigener Podcast. Doch Yves Bellinghausen ist kein Einzelkämpfer. Zum Stab des Podcasts gehören weitere 18 (achtzehn!) Mitarbeiter für die Bereiche Sounddesign, Fact Checking, Artwork & Co. Möglich macht das die Tatsache, dass die Funk Mediengruppe hinter dem Podcast steht.
Raus aus der Schachblase
Funk ist ein deutsches Online-Content-Netzwerk von ARD und ZDF, das sich insbesondere an junge Erwachsene zwischen 14 und 29 Jahren richtet. Dabei schneidet das öffentlich-rechtliche Angebot seine Produktionen und Podcasts auf populäre Onlineportale zu, auf denen das Angebot primär genutzt wird. Bellinghausen reiht sich damit in eine Kategorie an Schachjournalisten, die nicht "aus dem Schach" kommen (wie z.B. IM Stefan Löffler, IM Frank Zeller, FM Hartmut Metz, ...), sondern eine professionelle Journalistenkarriere gestartet und das Schach als geeigneten Berichtsgegenstand entdeckt haben. Zu letzterer Rubrik gehören auch Namen wie Niklas Schenk (ARD), Florian Pütz (Spiegel) oder Olaf Gersemann (Welt).
Also: Bei Scambit sind Profis am Werk, die wissen, wie man Inhalte präsentiert und Reichweite generiert. Und zwar nicht nur innerhalb der vielzitierten Schachblase, sondern auch außerhalb. Genau wie solche Formate wie Rocket Beans TV (TIPP: Großes Zugzwang-Schachturnier morgen 29.03. um 20 Uhr!!!) wird Scambit die Masse erreichen. Also die Onlinespieler, die sich zu Millionen auf chess.com herumtreiben, und für die sich Nimzowitsch gleich anhört wie Gligoric oder Dvorkovich. Gleichzeitig hat Funk sicherlich auch bestimmte Erwartungen, die Bellinghausen mit Scambit zu erfüllen hat. Denn Scambit ist kein reines Liebhaberprojekt. Wenn es sich nicht rentiert, wird es knallhart eingestampft.
Was heisst das für schachgeflüster?
Was heißt das jetzt für Schachgeflüster? Nehmen Schachglatzen und Scambit mir die Hörer weg? Oder wird der Schachkuchen dank der Funk-Gruppe künftig noch größer? Soll Schachgeflüster von der Audiobranche künftig stärker zur schreibenden Zunft wechseln und den Perlen vom Bodensee (die sich ja selbst auch in neuen Formaten wie z.B. YouTube-Shorts) versuchen, die Leserschaft streitig machen? Oder würde ein solcher Konzeptwechsel gar die Schachgeflüster-Stammhörer verärgern? Wo ist künftig mein Platz im deutschen Mikro-Schachkosmos? Gibt es überhaupt noch einen Bedarf, einen Mehrwert? Und wenn ja, wo genau?
Diese Fragen muss ich mir natürlich stellen. Aber als erstes habe ich aber Yves Bellinghausen gestern eine Nachricht geschrieben und ihn als Schachpodcast-Kollege begrüßt. Er hat direkt geantwortet. Er scheint nett zu sein, er liebt Schach genauso wie ich, und wir haben ein gemeinsames Ziel: Das Schach größer zu machen. Darum: Herzlich willkommen, Scambit Podcast!
Nachtrag: Yves Bellinghausen schrieb mir, dass es vorläufig nur vier Podcast-Episoden geben soll. Also viel Lärm um wenig? Wer weiß, manchmal entstehen erfolgreiche Formate nicht am Reißbrett, sondern aus einem bestimmten Bedarf oder aus einem Erfolgserlebnis heraus. Hoffen wir, dass es mit Scambit genauso sein wird! Berichtenswerte Skandale gibt es in der Schachwelt jedenfalls genug.
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