Gebt! Nie! Auf!

Gebt! Nie! Auf!

In dieser Podcast-Episode meldet sich Xenia Bayer von der Nordseeküste, wo sie im Urlaub ist und über ein Buch auf zwei der faszinierendsten Schachpartien aller Zeiten stößt. 

 "Gebt! Nie! Auf!" – Eine Lektion, die wir nicht nur im Schach, sondern auch im Leben lernen können. In der neuesten Episode des Podcast "Schachgeflüster by Chess Tigers" teilt Xenia Bayer ihre Erfahrungen und inspirierende Geschichten. 

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👉 Gebt! Nie! Auf! - (mit Xenia Bayer) - Schachgeflüster by Chess Tigers | Podcast on Spotify

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EPISODEN-TRANSKRIPT: 

Hallo liebe Zuhörer, ich heiße Xenia Bayer und das ist mein Podcast "Schach für Kinder". Ich grüße euch von der Nordseeküste.

Ich bin im Urlaub, sitze am Strand, lausche dem Meeresrauschen und lese ein faszinierendes Buch über eine Weltumsegelung. Ein Fünfer-Team segelt mit seiner Yacht um die Welt, durch den Atlantik, das Südpolarmeer, den Indischen Ozean und den Pazifik. Sie erleben die wilde Schönheit der ozeanischen Welt, ihre Weite und Magie.

Das Buch fesselt mich nicht nur, weil ich selbst eine leidenschaftliche Seglerin bin, sondern vor allem, weil es von Menschen handelt, die sich unglaublichen körperlichen und mentalen Herausforderungen stellen. Trotz Rückschlägen und körperlicher Erschöpfung kämpfen sie weiter gegen die Naturgewalten und geben niemals auf.

Niemals aufgeben. Diesen Satz wiederhole ich wie ein Mantra bei meinem Training mit den jungen Schachspielern. Egal, was gerade auf dem Schachbrett geschieht: niemals aufgeben, denn das Blatt kann sich jederzeit wenden. Zu Beginn ihrer Schachkarriere schlagen die Kinder oft unbedacht viele Figuren, bis fast keine mehr auf dem Brett steht. Doch wenn sie später beginnen, ihre Züge zu berechnen und im Verlauf einer Partie mehr Figuren verlieren als ihr Gegner, neigen sie häufig dazu, aufzugeben.

Kürzlich hat einer meiner stärksten und jüngsten Schachspieler eine wichtige Partie aufgegeben, obwohl seine Stellung auf dem Brett noch nicht verloren war. Auf meine Frage, warum er aufgegeben habe, antwortete der Junge: „Ich lag drei Punkte zurück.“ Unglaublich — nur drei Punkte im Rückstand, und er entschied sich aufzugeben.

Als Anfänger sollte man auf keinen Fall aufgeben, denn auch der Gegner ist oft noch unerfahren und kann jederzeit einen Fehler machen. Dadurch kann sich selbst aus einer scheinbar verlorenen Stellung plötzlich eine gewonnene Partie ergeben. Selbst wenn der Gegner stark ist, sollte man auf keinen Fall aufgeben.

Das Durchhalten kann auch psychologisch auf den Gegner wirken. Wenn dieser sieht, dass man trotz einer schwierigen Stellung weiterkämpft, könnte er nervös werden, was zu Fehlern führen kann. Wenn man dranbleibt, kann man auf unerwartete Chancen stoßen, die man sonst vielleicht nie entdeckt hätte. Beharrlichkeit kann neue Wege eröffnen, die zuvor nicht sichtbar waren.

Nicht aufzugeben bedeutet nicht, stur an einem Plan festzuhalten, der nicht funktioniert. Es bedeutet vielmehr, flexibel zu bleiben, nach Lösungen zu suchen und weiterzumachen, auch wenn man Umwege in Kauf nehmen muss. Es gibt viele berühmte Beispiele, bei denen Schachspieler scheinbar verlorene Stellungen durch Hartnäckigkeit und Einfallsreichtum gerettet oder sogar in Siege verwandelt haben.

Ein Beispiel ist die Partie, die 1999 in Wijk aan Zee, einem kleinen Badeort hier an der Nordseeküste, im großen internationalen Turnier, damals als Hoogovens-Turnier bekannt, heute als Tata Steel Chess Turnier bezeichnet, gespielt wurde. Das berühmte Duell zwischen dem 13. Schachweltmeister Garry Kasparov und dem bulgarischen Großmeister Veselin Topalov. Diese Partie ist bekannt als die "Unsterbliche" von Kasparov. Kasparov opferte mehrere Figuren, um einen Angriff zu starten. Obwohl es zeitweise so schien, als hätte Topalov die Oberhand, gab Kasparov nicht auf und spielte mit außergewöhnlicher Kreativität weiter. Schließlich gewann Kasparov durch eine brillante Kombination, die Schachliebhaber weltweit in Staunen versetzte.

Unglaubliche 18 Züge Kombination, an deren Ende der schwarze König auf dem Ausgangsfeld des weißen Monarchen E1 stehen würde. Im 24. Zug opferte der damalige Weltmeister einen Turm, elf Züge später hatte er den schwarzen König auf die weiße Grundreihe getrieben. Und Topalov konnte die weißen Mattdrohungen nur noch unter großem Materialverlust abwehren. Im 44. Zug gab Topalov auf. Auf die Frage, ob Kasparov alle Varianten seiner Kombination tatsächlich vollständig berechnet hatte, antwortete er: „Natürlich habe ich nicht jede mögliche Abzweigung dazwischen berechnet, aber dieser letzte Schlüsselmoment kam mir wie ein Blitz.“

Zum Nachspielen: 

Ein weiteres bemerkenswertes Beispiel ist die Partie um die Schachweltmeisterkrone im Jahr 1972 in Reykjavik, Island, zwischen dem zehnten Weltmeister Boris Spasski und seinem Herausforderer, dem Amerikaner Bobby Fischer. Die sechste Partie der Weltmeisterschaft war die spannendste und interessanteste.

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Fischer befand sich in einer schwierigen Lage. Trotz einiger Fehler und der kritischen Situation ließ er sich aber nicht entmutigen. Fischer kämpfte sich zurück, nutzte jede Gelegenheit und startete mit einem einfachen Bauernzug einen entscheidenden Angriff. Er opferte seinen Turm und gewann die Partie. Boris Spasski stand auf und applaudierte Fischer. Diese Partie war entscheidend für den Weltmeistertitel, und am Ende wurde Fischer der 11. Schachweltmeister.

Zum Nachspielen: 

Diese Partien zeigen, dass das Weiterspielen und der Glaube an den eigenen Plan selbst in komplizierten Stellungen zu einem spektakulären Erfolg führen können.

Ein Schachspieler muss bereit sein, Risiken einzugehen, um seine Ziele zu erreichen, sagte Savielly Tartakower, polnisch-französischer Schachspieler, der zu den stärksten Schachspielern seiner Zeit gehörte. In einer Partie, in der man selbst bei schwieriger Lage kämpft, lernt man nicht nur mehr über Schach, sondern auch über die eigenen Fähigkeiten. Solche Erfahrungen sind wertvoll, um sich für zukünftige Partien besser vorzubereiten.

Auch eine verlorene Partie ist wertvoll, denn jeder Misserfolg bietet eine Gelegenheit, etwas Neues zu lernen. Wer aufgibt, verpasst diese wertvollen Lernmöglichkeiten. Tartakower sagte dazu: „Ein Fehler ist wie ein Kompass. Er zeigt uns die Richtung, in die wir nicht gehen sollten. Und ein Fehler ist eine Chance, etwas Neues zu lernen.“

Erfolg ist oft das Ergebnis von Ausdauer und Hartnäckigkeit. Herausforderungen und Schwierigkeiten fordern uns heraus, über unsere Komfortzone hinauszugehen. Wenn man weitermacht, auch wenn es schwierig wird, entwickelt man Stärke, Widerstandsfähigkeit und Selbstbewusstsein. Man lernt, seine eigenen Grenzen und Schwächen zu erkennen, unter Druck zu spielen und in schwierigen Situationen ruhig zu bleiben. Diese Fähigkeiten sind nicht nur im Schach, sondern auch im Leben von großer Bedeutung.

Gebt nie auf. Bis zum nächsten Mal, eure Xenia Bayer.