Ordnung ins Eröffnungschaos: Die Chess Maps von Raymond Stäß

Ordnung ins Eröffnungschaos: Die Chess Maps von Raymond Stäß

Raymond Stäß von den Schachfreunden Wedel hat wunderschöne Poster mit Eröffnungsvarianten gestaltet. Ob zum Lernen, zum Lachen oder als Kunstobjekt: Die Poster sind vielseitig geeignet.
Ding - Gukesh 1:0 | Videoanalyse mit IM Jonathan Carlstedt Reading Ordnung ins Eröffnungschaos: Die Chess Maps von Raymond Stäß 5 minutes

Ordnung ins Varianten-Wirrwarr der Eröffnungen bringen: Das hat sich Raymond Stäß zur Aufgabe gemacht.

Herausgekommen ist eine Art grafische Enzyklopädie in Form von Postern, die alle wichtigen Varianten grafisch darstellen. In seinem eigenen Etsy-Shop verkauft Raymond die Poster - ein ideales Weihnachtsgeschenk für Schachfans.

Michael Busse von den Chess Tigers sprach mit dem Schöpfer der Eröffnungsbaumposter: 

Hallo Raymond, du gestaltest und verkaufst die sogenannten Chess Maps. Wie kamst du überhaupt auf die Idee?

Hi Chess Tigers, danke, dass ihr euch für meine Eröffnungsbaumposter interessiert! Ich wollte gern Ordnung in den Variantenwirrwarr bringen. Während der Corona-Lockdowns habe ich viel Zeit mit Online-Schach, Magnus-Nepo und anderen Events auf twitch etc. verbracht. Da begegneten mir diese unüberschaubar vielen Variantennamen, die bei jeder Online-Partieanalyse angezeigt oder von Kommentatoren erkannt werden.

Diese Materie wollte ich gerne durchdringen und zugänglich machen, ohne dass man sich dafür 1000 Schachbücher durchlesen muss. Als Infografiker habe ich mir also eine Visualisierungslogik überlegt, Varianten recherchiert und alle dort einsortiert. Herausgekommen ist eine Art grafische Enzyklopädie.

Ok, das sieht auch tatsächlich wunderschön aus - aber wozu das Ganze? Was kann man mit diesen ganzen Variantennamen anfangen? Ist das zum Lernen gedacht, oder ist das Kunst?

Die Poster sind als Inspiration gedacht. Die meisten Varianten haben ja deswegen Namen, weil schon irgendjemand einen beachtenswerten Erfolg damit landen konnte. Sie sind also spielbar und wert mal ausprobiert zu werden, oder sich vielleicht ein Video darüber anzusehen. Auch die Namen selbst, z.B. nach Großmeistern oder nach Orten, laden dazu ein, mal etwas oder jemanden nachzuschlagen.

In solchen eigeninitiativen Momenten fängt man dann tatsächlich an, ein wenig Eröffnungstheorie oder Schachhistorie zu lernen. Dazwischen gibt es auch immer wieder was zu Lachen, wenn Varianten nach Tieren oder sonstwie absonderlich benannt sind. 

Wo spielst du selbst Schach? Bist du Vereinsspieler?

Ich spiele bei den Schachfreunden Wedel. Wir sind gerade in die Hamburger Kreisliga aufgestiegen, und da wollen wir ab Januar sehen was geht :-)

Wo verkaufst du die Eröffnungsposter, und wieviel kosten sie?

Die Poster gibt es in meinem gleichnamigen Shop auf Etsy. Im Hintergrund arbeitet ein weltweit vernetzter Druckservice, der deine Bestellung in der nächstliegenden Druckerei druckt und dir innerhalb von ein paar Tagen nach Hause liefert. Dadurch sind die Transportwege kurz, ich brauche kein Lager und unterstütze lokale Betriebe. 42,50 EUR kostet eines.

Woher kommen deine bisherigen Kunden?

Die meisten kommen aus Europa, insb. aus Paris, UK, Deutschland, und aus den USA. Ich habe aber auch schon nach Südafrika und nach ... tadaaa ... Guam im Westpazifik geliefert.

Wie groß sind die Poster? Werden sie gerahmt geliefert?

Din A0. Das ist 1 Quadratmeter, und das muss auch sein, damit man die 100-200 Diagramme auf jedem Poster gut lesen kann. Die Option Rahmen habe ich bisher nicht angeboten, weil das erstens ziemlich teuer werden würde, und zweitens kaum jemand Wandplatz für mehrere davon hat. Ich empfehle immer Wechselrahmen, wenn jemand mehrere Poster kauft. Geliefert wird gerollt auf dickem Posterpapier.

Wieviele Eröffnungskarten gibt es schon? Hast du alle Eröffnungen durch?

Es gibt 22 Poster, da sind alle Eröffnungen und alle benannten Varianten drauf, insgesamt 3200 Stück. Sizilianisch und Damengambit haben soviel Theorie, dass es dafür sogar zwei Poster braucht. Andere teilen sich eins mit verwandten Eröffnungen, z.B. Vierspringerspiel mit Schottisch und Ponziani.

Was ist deine persönliche Lieblingseröffnung (mit Weiß, mit Schwarz)?

Ich spiele gern d4 mit Damengambit oder Königsindisch. Was die Variantennamen angeht ist das "Aged Gibbon gambit" mein Favorit. Bei der Gelegenheit: Alle Namen sind auf Englisch angegeben. Das ist für die Herstellung praktisch und zum Verstehen keine Hürde, weil die Worte super einfach sind, wie z.B. "Two Knights defense" oder "Vienna game".

Wie hast du die Karten qualitätssichern lassen? Bei so vielen Eröffnungsvarianten ist doch die Gefahr eines Fehlers sicher recht groß.

Ja, das stimmt. Ich bin beruflich ziemlich sensibilisiert, auf Feinheiten im Druck zu achten, habe aber natürlich trotzdem Freunde und Bekannte alles prüfen lassen. Ein Schachverlag hat auf einem Teil der Poster jedes einzelne Diagramm mit einem Häkchen versehen: "Zero mistakes".

Was sind deine Pläne für die Zukunft?

Neue Regionen und neue Formate. In manche Länder konnte ich noch gar nichts liefern - das würde ich gern verstehen, um mein Angebot attraktiver machen zu können. In Indien z.B. gibt es einen Riesenhype um Schach und die vielen tollen Spieler und Spielerinnen, die Vishy Anand dort aufgebaut hat. Außerdem folgen mir etliche brasilianische Schachklubs auf Instagram, aber niemand bestellt. Preis, Sprache ... ich weiß es nicht. Außerdem hätte ich Lust, eine App dazu erstellen zu lassen. Und ich hoffe, dass ich noch einen 2025 Kalender fertig bekomme.

Vielen Dank und viel Erfolg! 

Weiterführender Link: www.chessmaps.de

_______________________________

WERBUNG: Chess-Tigers Kategorie "Starke Eröffnungen":