IM Patrick Zelbel & die Sparkassen Chess Trophy Dortmund.

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Schach für Kids an der Hochschule Reading IM Patrick Zelbel & die Sparkassen Chess Trophy Dortmund. 12 minutes Next 75 Jahre Schachclub Hechingen und eine faszinierende Schachsammlung

m April 2023 interviewte Chess Tigers-Mitarbeiter Michael Busse den Internationalen Meister Patrick Zelbel. Zelbel ist Pressesprecher der Sparkassen Chess Trophy in Dortmund. Im Juni 2023 erschien dann die Zusammenfassung des Interviews im Schach-Magazin64.

Hier kommt der Interviewtext:

Sparkassen Chess Trophy Dortmund: Jubiläumsausgabe steht bevor 

Vom 24. Juni bis zum 2. Juli findet die 50. Ausgabe der Internationalen Dortmunder Schachtage statt. Das traditionsreiche Turnier wartet dieses Jahr wieder mit zahlreichen Highlights auf, darunter auch ein Eliteturnier im Schach ohne Rochade, das sogenannte No Castling World Masters.

Michael Busse von Schachgeflüster sprach mit dem Pressesprecher IM Patrick Zelbel über dessen Aufgabe in der Öffentlichkeitsarbeit, über die geplanten Wettbewerbe und über das Zugpferd Wladimir Kramnik. 

Herr Zelbel, welche Erinnerungen haben Sie an Ihre erste eigene Turnierteilnahme in Dortmund?

Es war wohl tatsächlich mein erstes Turnier im Langschach. Ich denke, ich war acht Jahre alt und habe im Dortmunder B-Open gespielt. Viele Punkte habe ich bei der ersten Teilnahme nicht geholt. Aber ich habe dort meine Schachkarriere begonnen.  

Wir haben uns letztes Jahr in Dortmund getroffen. Sie erzählten mir, dass Sie als Kind auf die Tribüne geholt und den symbolischen ersten Zug machen durften. Wie kam es damals dazu? 

Zwei Jahre nach meiner ersten Teilnahme wurde ich deutscher Meister in der Altersklasse U10. Das war der Anlass, dass ich an einem Turniertag auf der Bühne den ersten Zug machen durfte, und zwar am Brett von Wladimir Kramnik. Ich glaube, das war gegen Teimur Radjabov. 

Letztes Jahr durften Sie erneut den ersten Zug machen, aber in anderer Rolle. So schließt sich der Kreis. 

Genau. Carsten Hensel sagte zu mir: Komm, Patrick, 20 Jahre später ist es doch wieder an der Zeit, du machst ja auch ein bisschen was für das Turnier hier als Pressesprecher. Da durfte ich dann am Brett meines Bundesliga-Mannschaftskameraden Daniel Fridman den ersten Zug gegen Vishy Anand ausführen. 

Welche Rolle spielt Carsten Hensel für das Turnier? 

Er ist unser Turnierdirektor und ist vor allem auch schon eine Ewigkeit dabei. 1991 hat er auch als Pressesprecher angefangen. Zudem war er persönlicher Manager von Wladimir Kramnik und Peter Leko. Beide kamen durch den persönlichen Kontakt regelmäßig nach Dortmund. Seit 2020 ist Carsten wieder zurück auf dem Turnierdirektorposten, auch wenn die erste Ausgabe coronabedingt abgesagt werden musste. Jedenfalls hat er mich dann auch ins Team geholt.  

Wie ist man genau auf dich als Pressesprecher gekommen? 

So genau weiß ich das auch nicht [lacht]. Das Veranstaltungsteam hatte sich gerade neu gegründet mit einem neuen Konzept. Zuvor war ja Georgios Souleidis Pressesprecher. Er hat sich dann aber auf seine anderen Aktivitäten als „The Big Greek“ konzentriert. Deswegen wurde dann jemand anderes gesucht. Im Gegensatz zu ihm bin ich zwar kein ausgebildeter Journalist. Aber ich habe immer schon ganz gerne Texte geschrieben und bin natürlich Dortmunder. So kam es, dass ich mit im Team bin. 

Bei Ihren Interviews müssen Sie nicht nur die Fragen stellen, sondern auch die Varianten der Spieler am Demobrett ausführen. Wie schaffen Sie es, da immer mitzukommen, wenn die Profis ihre Varianten runterrattern? 

Es hilft zumindest, dass ich zumindest ein bisschen Schach spielen kann. Ich erinnere mich noch an eine Analyse im vorletzten Jahr. Da hatte Vincent Keymer ein Turmendspiel gegen Gata Kamsky gespielt und das nach sechs Stunden gewonnen. Danach kam er zu unserer Interviewwand. Bei ihm habe ich überhaupt nicht mehr durchgeblickt, was er mir für Varianten im Turmendspiel um die Ohren gehauen hat. Aber gut, im Prinzip versuche ich es. Und es macht natürlich Spaß, wenn dann nach der Partie ein Vishy Anand kommt und seine Züge erklärt. 

Die prominenteste Turnierkategorie ist das No Castling World Masters. Wie wird dieser Wettbewerb dieses Jahr ablaufen? 

Es wird wieder auf der Bühne im Goldsaal stattfinden. Wie im letzten Jahr sind es vier Teilnehmer, die doppelrundig Jeder gegen Jeden spielen. Wir haben ein ziemlich unterhaltsames Feld: Wladimir Kramnik, der letztes Jahr am Spieltag wegen eines positiven Coronatests zurückziehen musste. Wir hatten deshalb die Herausforderung, Ersatz auf die Beine zu stellen. Das hat dann Dmitrij Kollars gemacht und das Turnier einfach mal gewonnen. Von daher spielt er auch dieses Jahr wieder mit. Dazu kommt Pawel Eljanow, der die beiden letzten Jahre das Großmeisterturnier gewonnen hat, sowie Fabiano Caruana. Das freut uns natürlich, dass wir Caruana mal wieder dabei haben. 

Schach ohne Rochade, ist das nicht in gewisser Weise ein Rückschritt um 500 Jahre? 

Wir möchten einfach eine kleine  Alternative zum klassischen Schach bieten, um dem Turnier auch einen besonderen Anstrich zu geben. Letztes Jahr haben wir erlebt, dass wir damit ganz andere Stellungsbilder sehen. Anand zog zum Beispiel in einer Partie im sechsten Zug völlig überraschend König e2. Die Entstehung war eine Zusammenarbeit zwischen Wladimir Kramnik und DeepMind, der Google-Tochter für Künstliche Intelligenz mit ihrem Alpha Zero Programm. Es wurde untersucht, bei welcher der getesteten Varianten spannende Partien herauskamen. Im Ergebnis ist man auf diese Variante gekommen. 

Ist No Castling Schach dem Chess960 als Schachvariante überlegen? 

Da es Varianten sein sollen, schließt das eine das andere gar nicht aus. Das Schöne am No Castling ist, dass es für die Zuschauer einfacher zu verstehen ist. Chess960 wirkt manchmal schon sehr gewürfelt, und die Stellungsbilder sind sehr merkwürdig. Beim No Castling nimmt man nur eine Regel aus dem Regelwerk, und trotzdem ist die Eröffnungstheorie, die wir kennen, erst mal überfällig. 

Welche weiteren Wettbewerbe und Turnierklassen werden ausgetragen? 

Zunächst einmal das A-Open, das wir dieses Jahr deutlich aufgerüstet haben, was den Preisfonds angeht. Wir reden dabei von 5000 € für den ersten Platz. Dann gibt es das B-Open für Spieler bis 1900 DWZ oder Elo. Insgesamt werden in den beiden Open 25000 € Preisgeld ausgeschüttet. Und wir haben einen Wettbewerb mit dem Namen  “Sportland NRW Cup”. Das ist ein zehnköpfiges Turnier, bei dem wir gerade jungen Spielern die Möglichkeit geben wollen, Normen zu erzielen. Teilnehmen wird unter anderem die deutsche Nationalspielerin Dinara Wagner oder auch der elfjährige Hussain Besou, der ja auch schon über 2300 Elo hat. 

Dortmund ist quasi das Heimatturnier von Wladimir Kramnik. Zurzeit gibt es aber Kritik. Kramnik sitzt im Kuratorium des russischen Schachverbandes an der Seite des russischen Verteidigungsministers und des Pressesprechers von Putin. Wäre es nicht ein besseres Zeichen gewesen, zu den Dortmunder Schachtagen ukrainische Schachmeister einzuladen? 

Das ist genau das, was wir machen mit dem Ukrainer Eljanow. Eljanow selber hat auch kein Problem damit, gegen Wladimir Kramnik zu spielen.  Kramnik wird unter neutraler Flagge antreten. Die FIDE gibt ja vor, dass russische und weißrussische Spieler an Turnieren unter neutraler Flagge an Turnieren teilnehmen können. Wenn sich bei uns ein russischer Spieler anmeldet, haben wir kein Recht, demjenigen die Teilnahme zu verweigern. Es geht darum, dass sie nicht unter der Nationalflagge spielen. So machen es auch alle anderen Sportarten und Kulturbetreiber. Politik und Sport müssen nicht miteinander vermischt werden. 

Wie ist es gelungen, Fabiano Caruana zu verpflichten - immerhin einen ehemaligen WM-Herausforderer von Magnus Carlsen? 

Caruana ist durchaus ein alter Bekannter. Er hat die Schachtage dreimal gewonnen. Carsten Hensel und Stefan Koth waren in Wijk aan Zee als Gast und haben dort mit ihm gesprochen. Kurz danach hat Fabiano uns dann zugesagt. Ich glaube, das ist ein Beleg dafür, dass die Großmeister sich seit Jahren sehr wohlfühlen in Dortmund. Mit Ausnahme von Bobby Fischer und neuerdings Ding Liren hatten wir jeden Weltmeister seit Boris Spasski in Dortmund. 

Welche bekannten Spieler sind denn im A-Open am Start? 

Gerade für die Fans der deutschen Nationalmannschaft sind einige interessante Spieler dabei. Zum Beispiel Alexander Donchenko, der gerade wieder sehr gut in Form ist. Matthias Blübaum ist mit von der Partie, der letztes Jahr Europameister geworden ist. Rasmus und Frederik Svane sowie Daniel Fridman sind weitere Namen. Auch Michael Adams spielt mit, ebenso Ruslan Ponomarjow als ehemaliger Weltmeister, sowie Gata Kamsky. Gerade für Spieler knapp über 1.900 ist es natürlich eine gute Gelegenheit, im Open mal gegen diese Hochkaräter zu kommen. Auch Georgios Souleidis ist übrigens dabei - als Spieler. 

Wird man auch unsere weiblichen Nationalspielerinnen zu Gesicht bekommen? 

Ja, neben Dinara Wagner zum Beispiel Josefine Heinemann oder Jana Schneider. Jana wird dabei ebenfalls im spannenden Sportland NRW Cup an den Start gehen. 

Greifen Sie bei den Kommentatoren wieder auf das bewährte Duo des letzten Jahres mit Artur Jussupow und Fiona Steil Antoni zurück? 

Genau. Wir werden wieder täglich einen Livestream mit den beiden machen. Zusätzlich haben wir Klaus Bischoff vor Ort. Er soll oben im Analysebereich für die Spieler zu einem kleinen Meet and Greet dastehen und vielleicht auch mal einen Blick auf die Partien werfen. Auch der Interviewbereich soll nach oben kommen. Auf diese Weise können die Leute die Interviews mitbekommen und den Großmeistern nach der Partie auch direkt zuhören. 

In der Startrangliste sieht man viele Anmeldungen von indischen Spielern mit 2.300 oder 2.400 Elo. Junge Inder sind ja oft unterbewertet und klauen anderen Spielern Elo. Wie kam es denn zu diesen Anmeldungen? 

Ich denke, da zahlt sich noch aus, dass Vishy Anand in den letzten Jahren in Dortmund war. Außerdem hat Sagar Shah von ChessBase India immer wieder berichtet. Das hat wohl für diesen Effekt gesorgt, dass das Turnier in Indien durchaus bekannt ist. 

Dieses Jahr feiert das Turnier sein Jubiläum. 50 Jahre Dortmunder Schachtage - wie hat eigentlich alles angefangen? 

1972 hat sich Dortmund um die Ausrichtung der Schach-WM beworben. Ein gewisser Eugen Schackmann war damals Leiter der Pressestelle der Stadt und wollte etwas für den Ruf von Dortmund tun. Die WM wurde dann nach Reykjavik vergeben, aber die Initiative wurde genutzt, um ein Jahr später die ersten Dortmunder Schachtage auszurichten. Tatsächlich kam damals auch Boris Spasski. Für Spasski war es das erste Turnier nach seiner WM-Niederlage. 

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Ein weiteres Highlight war die Teilnahme von Kasparov 1992. Er hat das Turnier gewonnen, aber auf dem Weg dahin auch zwei Niederlagen kassiert. 

Ja das stimmt, gegen Robert Hübner und Gata Kamsky. Mit Hübner habe ich noch nicht gesprochen, aber Kamsky habe ich dazu schon interviewt. Er kann sich gut erinnern, wie er als damals 18-Jähriger in Dortmund gegen Kasparov gewann und dann ja auch in die absolute Weltspitze aufstieg. 

Welche Rolle spielte Kramnik damals? 

1992 schaffte er seinen Durchbruch. Er war damals noch IM und wurde im Open geteilter Erster. Kasparov forderte dann seine Nominierung für die russische Olympiamannschaft, wo Kramnik sensationell spielte. 

2002 wurde das Turnier als Kandidatenturnier ausgetragen. Wie kam es dazu? 

Die Schachwelt war ja damals in zwei Verbände gespalten. Vor diesem Hintergrund hat man in Dortmund ein Turnier veranstaltet, um den Herausforderer des klassischen Weltmeisters Wladimir Kramnik zu ermitteln. Gewonnen hat Peter Leko. 2004 haben die beiden dann die WM gespielt, in der Leko ganz knapp unterlegen ist. 

Wie viele Teilnehmer streben Sie in diesem Jahr an? 

Der Rekord liegt bei 541 aus dem Jahr 1992. Es wäre natürlich eine tolle Sache, den Rekord zu brechen. Ob das klappt, weiß ich nicht. Es wird auf jeden Fall ein volles Haus werden. Die Anmeldung ist noch offen. Wir spielen vormittags das B-Open und nachmittags das A-Open, so dass die Spieler aus dem B-Open nachmittags noch den Großmeistern folgen können. 

So ein Turnier ist ja auch nicht ganz günstig. Wer sind die Sponsoren? 

Der Hauptsponsor ist natürlich die Sparkasse Dortmund. Außerdem haben wir DeepMind als Sponsor. Dazu kommt noch die Stadt Dortmund sowie DOKOM21 als Telekommunikationspartner. Der Krieg in der Ukraine erschwert uns leider die weitere Sponsorensuche. 

Worauf freuen Sie sich bei der kommenden Ausgabe am meisten?

Auf das Zusammenkommen vor Ort. Für mich ist das eine arbeitsintensive Woche, weil wir ein kleines Team sind. Aber es ist einfach schön, hunderte von Leuten wiederzusehen, die man von irgendwoher schon kennt. Das Gesellige zeichnet die Veranstaltung aus. Wir planen zudem, das 50-jährige Jubiläum mit einem besonderen Programm zu feiern. Da sind wir noch in der Planung. 

Am 8. Mai haben Sie Ihren 30. Geburtstag gefeiert. Aktuell fehlen Ihnen noch ungefähr 30 Punkte bis zu den 2500. Schielt man da mit einem Auge noch auf den GM-Titel? 

Ja, natürlich. Ich möchte mich da aber gar nicht unter Druck setzen. Ich habe einen normalen Job und engagiere mich nebenbei noch für die Schachtage, da kommt das eigene Spiel manchmal etwas kurz. Klar, wenn es gut läuft und ich irgendwann bei 2.480 stehen würde, dann würde ich sicher nochmal alles geben, um auf die 2500 zu kommen. Es müsste halt noch einen kleinen Ausschlag nach oben geben. 

Den wünsche ich Ihnen und drücke die Daumen für das Turnier in Dortmund. Vielen Dank für das Interview! 


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