Nachruf auf Boris Spassky (1937–2025)

Nachruf auf Boris Spassky (1937–2025)

Der zehnte Schachweltmeister, Boris Spassky, ist am 27. Februar im Alter von 88 Jahren verstorben. 
Beitragsfoto: Boris Spassky 1984 in Saloniki, von Gerhard Hund (via Wikipedia)

Mit Boris Wassiljewitsch Spassky verliert die Schachwelt eine ihrer prägendsten Persönlichkeiten. Der 10. Schachweltmeister verstarb am 27. Februar 2025 im Alter von 88 Jahren. Seine elegante Spielweise, sein Sportsgeist und sein legendäres Duell 1972 gegen Bobby Fischer machten ihn zu einer Ikone des Schachs.

Ein Wunderkind aus Leningrad

Boris Spassky wurde am 30. Januar 1937 in Leningrad geboren. Schon in seiner Kindheit zeigte sich sein außergewöhnliches Talent für das königliche Spiel. Während der Belagerung Leningrads im Zweiten Weltkrieg wurde er mit seiner Familie evakuiert, doch seine Leidenschaft für das Schach blieb ungebrochen. Bereits mit zehn Jahren besiegte er den damaligen Weltmeister Michail Botwinnik in einer Simultanpartie – ein Vorgeschmack auf die große Karriere, die vor ihm lag.

Sein Talent wurde früh gefördert, unter anderem durch den renommierten Trainer Alexander Tolusch. Mit 16 Jahren wurde er Internationaler Meister, und 1955 – im Alter von nur 18 Jahren – erhielt er den Großmeistertitel. Im gleichen Jahr wurde er U20-Weltmeister. Ein Jahr später nahm an seinem ersten Kandidatenturnier teil.

Boris Spassky im Jahr 1956, by Herbert Behrens / Anefo; - Nationaal Archief, CC BY-SA 3.0 nl, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=65361623

Der Weg zur Weltmeisterschaft

Spasskys Schachstil war universell: Er konnte sowohl dynamisch als auch positionell spielen und beherrschte alle Facetten des Spiels. Nachdem er mehrfach knapp an der Weltmeisterschaft gescheitert war, gelang ihm 1969 schließlich der große Durchbruch. Im WM-Kampf besiegte er Tigran Petrosjan und wurde Schachweltmeister.

Sein Sieg markierte eine neue Ära – Spassky war ein Weltmeister, der nicht nur in der Sowjetunion, sondern weltweit populär war. Seine Partien waren ein Musterbeispiel für harmonisches, strategisches Spiel, kombiniert mit scharfem taktischem Gespür.

UdSSR gegen den Rest der Welt

Eine seiner bekanntesten Partien spielte Spassky 1970 in Belgrad beim Wettkampf "UdSSR gegen den Rest der Welt" gegen den Dänen Bent Larsen. Mit Schwarz opferte Spassky einen Springer und einen Turm und zwang Larsen nach nur 17 Zügen zur Aufgabe (Quelle). 



Das „Match des Jahrhunderts“

Spasskys Name wird vor allem mit dem legendären WM-Match von 1972 verbunden: In Reykjavik trat er gegen den exzentrischen US-Amerikaner Bobby Fischer an. Der Kampf war nicht nur ein sportliches Duell, sondern auch ein Symbol des Kalten Krieges. Fischer forderte zahlreiche Sonderbedingungen, das Match drohte mehrmals zu platzen, doch Spassky blieb stets gelassen.

Nach dramatischen Wochen musste er seinen Weltmeistertitel an Fischer abgeben. Doch er bewies wahre Größe, indem er Fischer für dessen brillante Leistung gratulierte. Legendär ist vor allem die Szene am Ende der sechsten Partie, als Spassky sich dem Applaus des Publikums für Fischers Sieg anschloss (Quelle). Diese sportliche Fairness machte ihn auch über die Sowjetunion hinaus zu einer geachteten Persönlichkeit.

Screenshot ARD-Doku "Legendäre Schach-WM 1972"

Ein Leben zwischen Ost und West

Nach dem Verlust des WM-Titels war Spassky in der Sowjetunion starker Kritik ausgesetzt. 1976 verließ er das Land gegen den Willen des sowjetischen Schachverbandes und ließ sich in Frankreich nieder. Dort spielte er - weiterhin auf hohem Niveau - für die französische Nationalmannschaft und nahm an internationalen Turnieren teil.

Auch in der deutschen Schachszene hinterließ er Spuren: In den 1980er Jahren spielte er in der Schachbundesliga für die Solinger SG. Obwohl er nie wieder einen Weltmeisterschaftskampf bestreiten sollte, blieb er eine herausragende Figur im Weltschach.

Privates und die späten Jahre

Spassky war dreimal verheiratet. Mit seiner ersten Ehefrau Nadja hatte er eine Tochter, mit der zweiten Ehefrau Larissa und der dritten Frau Marina jeweils einen Sohn. 

Sein spätes Leben war von gesundheitlichen Problemen geprägt. 2010 erlitt er einen schweren Schlaganfall, von dem er sich nur teilweise erholte. 2012 kehrte er nach Russland zurück, wo er bis zu seinem Tod in Moskau lebte. Trotz seines gesundheitlichen Zustands blieb er dem Schach treu, gab Interviews und besuchte Turniere.

Boris Spassky wird als einer der charismatischsten Weltmeister in die Geschichte eingehen – ein Spieler mit universellem Stil, großer Fairness und einem tiefen Verständnis für die Schönheit des Spiels. 

Spassky und die Waschmaschine

Für Anekdoten rund um Boris Spassky, insbesondere aus seiner Solinger Bundesligazeit, verweisen wir gern auf den Facebook-Artikel von IM Bernd Schneider: 

 

1 Kommentar

Jürgen K. Hultenreich

Jürgen K. Hultenreich

Danke für die Erinnerung an Spasskys Applaus für Fischer nach dessen Sieg in der 6. WM-Partie. Das zeigte diesen wunderbaren Spieler und Menschen ganz.

Danke für die Erinnerung an Spasskys Applaus für Fischer nach dessen Sieg in der 6. WM-Partie. Das zeigte diesen wunderbaren Spieler und Menschen ganz.

Schreibe einen Kommentar

Diese Website ist durch hCaptcha geschützt und es gelten die allgemeinen Geschäftsbedingungen und Datenschutzbestimmungen von hCaptcha.

Bleibe immer auf dem Laufenden

Deine Anmeldung konnte nicht gespeichert werden. Bitte versuche es erneut.
Deine Anmeldung war erfolgreich.

Newsletter Anmeldung