Einmal im Leben gegen Magnus: Für ihn erfüllte sich der Traum

Einmal im Leben gegen Magnus: Für ihn erfüllte sich der Traum

Hobbyspieler Vinzenz Hillermann durfte in der 1. Runde des grenke Schachfestivals gegen den besten Spieler aller Zeiten Magnus Carlsen antreten. Michael Busse hat ihn für die Chess Tigers interviewt. 

"Und so wurde Geschichte geschrieben" | Magnus Carlsen Du liest Einmal im Leben gegen Magnus: Für ihn erfüllte sich der Traum 6 Minuten

Hallo Vinzenz, du durftest beim grenke Schachfestival in der ersten Runde gegen Magnus Carlsen antreten. Hättest du dir das jemals träumen lassen? 
Nein natürlich nicht. Von einem Spiel gegen Magnus träumen manche ihr Leben lang. 
 
Wie nervös warst du, als du erfahren hast, dass du gegen Carlsen antreten darfst? 
Ich habe das ja erst quasi 5 Minuten vor Spielbeginn in Chess-Results gesehen und war dann natürlich die ersten Sekunden "geschockt". Aber die Nervösität hat sich schnell gelegt. Oben auf der Bühne konnte man die Nervösität gut ablegen mit ein paar gedanklichen Entspannungsübungen und sich dann auf das Schachspiel konzentrieren.


Wie war Magnus als Gegner – eher kühl oder hat er ein bisschen Smalltalk gemacht? Es sah so aus, als ob Carlsen dir am Ende der Partie noch gezeigt hätte, dass 15. ...c6 ein Fehler war. 
Magnus ist als Gegner 100% Profi und aufgrund seines Status eher etwas reserviert, verständlicherweise. Nach der Partie hat er nur zu meiner Frage wegen Läufer schlägt d4 gesagt "difficult" und ist dann gegangen.
Dass c6 ein Fehler war, war mir selbst nach dem Zug schon gleich klar.

Wie kamst du auf die Idee, deinen Läufer mit 9. ...Lxd4 zu opfern?
Lxd4 war intuitiv. Man bekommt 3 Bauern, und die Damen werden getauscht. Dann die Idee, ob man den Turm unten von e7 rausbekommt, selbst noch mit weiterem Bauernopfer.
Dann hätte man noch ein Spiel 2 Bauern gegen Figur und könnte noch bisschen im großen Teich mitschwimmen.
Anstatt dessen hatte ich auch zuerst e5 anstatt Lxd4 überlegt, das wäre besser gewesen.

Die meisten Spieler haben sich für das klassische Schach angemeldet, du wolltest aber im Freestyle Wettbewerb mitmachen. Warum? 
Schon lange steht für mich fest, keine lange Turnierpartie mehr zu spielen im klassischen Schach. Das dauert einfach zu lange - mehrere Stunden wie früher sonntags bei den Verbandsspielen (viele Jahre Oberliga / Verbandsliga...)
Freestyle war vor einigen Monaten eine Überlegung, und das Gute daran ist ja, keiner kann sich darauf vorbereiten, weil man die Anfangsstellung nicht kennt. Beim Freestyle muss man spielen können und die Stellung von Anfang an richtig einschätzen. 
 
Gab es einen Moment, in dem du dachtest: Vielleicht kann ich was holen? 
Nein den Moment gab es nicht. Es ging mir von Anfang an nur darum, "mitzuspielen". Vor 9. ...Lxd4 hatte ich mich auch eigentlich soweit noch wohlgefühlt. Doch der "Druck" war im Prinzip von Magnus von Anfang an mit 1. g4 schon da. 
 
Als du deinen Läufer mit 9. ...Lxd4 geopfert hast, kam Ian Nepomniachtchi vorbei und schnitt Grimassen. Carlsen sah das und konnte sich das Lachen kaum verkneifen. Gotham Chess hat dieses Verhalten in einem Kurzvideo kritisiert. Hast du das während der Partie überhaupt mitbekommen? 

 


Ich habe Nepo nicht gesehen, er stand ja hinter mir. Doch Magnus senkte gefühlt 10 Sekunden den Kopf mit der Stirn auf den Tisch. Ein Lachen habe ich nicht wahrgenommen von Magnus, dafür war ich zu arg konzentriert auf die Folgen von Lxd4.
 
Ärgerst du dich über eine verpasste Chance zum Remis, oder überwiegt der Stolz, gegen Carlsen angetreten und lange gut mitgehalten zu haben? 
Wo war die verpasste Chance zum Remis? Magnus hat mir kein Remis angeboten. Und wenn die Antwort auf eine in etwa gleiche Stellung e5 anstatt Lxd4 gewesen wäre, so ist eine in etwa gleiche Stellung aber kein Remis. 
Magnus ist eine Maschine und ich ein Freizeitspieler. Insofern wäre es nur eine Frage der Zeit, bis der Fehler ausschließlich von mir kommt.
Stolz? Natürlich! Das wird eine lebenslange schöne Erfahrung sein, trotz Niederlage.
 
Einige Leute haben nach der Partie gesagt, dass du vielleicht zu früh aufgegeben hast. Wie schätzt du das ein? 
Im Internet schreiben manche, dass man sich hätte von Magnus auch matt setzen lassen könnte, nur um weiter gegen ihn zu spielen. Doch der Respekt, dem größten Spieler aller Zeiten gegenüber zu sitzen, wird natürlich dort gezeigt, dass man dann aufgibt, wenn man "entscheidend" in Nachteil ist. Nach Lf4 spielt man nicht weiter und gibt auf.
 
Würdest du sagen, das war das Highlight deiner Schachkarriere bisher?
Klar doch war das das Highlight in der eigenen Schachkarriere. Wie soll man das denn toppen? 
 
Was sagst du zur Performance von Magnus im Turnier insgesamt? Viele Leute sagen, dass es eine Leistung für die Ewigkeit war. 
9 aus 9 kann man ja nicht toppen. Doch mehr als die Leistung ist ja auch noch viel wichtiger, "wie" er gewonnen hat. Also eine Leistung für die Ewigkeit auf jeden Fall. Doch was uns einfache Schachspieler von der Schachbasis ja auch fasziniert ist beispielweise, wie Magnus mit Schwarz gegen Awonder Liang in der 6. Runde mit einer Genauigkeit von 93% gespielt hat.

Hattest du dir aufgrund deiner Wertungszahl ausgerechnet, vielleicht gegen einen Topspieler antreten zu dürfen? 
Mir war klar, dass ich mit meiner etwa 25 Jahre alten Elo in der oberen zweiten Hälfte bin und in der ersten Runde gegen einen von der vorderen Weltspitze spielen könnte.
Im Vorfeld habe ich sogar beim Deutschen Schachbund meine DWZ von 2005 erfragt.
Und das dürfte so in etwa meine Spielstärke sein. Aber vom Grundsatz her war das überhaupt nicht nachvollziehbar, wie ausgelost worden ist.
 
Bei welchem Verein spielst du Schach? Was haben deine Mannschaftskameraden oder Freunde zu dir gesagt? 
Ich bin vereinslos seit ca. 10 Jahren. Schachfreunde haben sich für mich gefreut und jeder meint, das "Erlebnis", dem größten Spieler gegenüber zu sitzen, ist alle Anstrengungen wert. Es gab auch Anmerkungen: " Wieviel hast Du gezahlt dass Du an Brett 1 gegen Magnus spielen durftest?"

Jetzt vereinslos heißt aber nicht "nie wieder". Möglich ja, dass es irgendwann in Deutschland eine Freestyle Liga gibt, wo man gegeneinander spielt. Das wäre spannend und dann eine Überlegung wert.
  
Erzähl doch gerne etwas mehr über dich selbst (Beruf, Familie, weitere Aktivitäten neben Schach). 
Ich bin Bankkaufmann seit 1991, Finanzierungsberater deutschlandweit seit 2007 mit Hillermann-Finanz. Ich bin in einer sehr harmonischen glücklichen Beziehung seit vielen Jahren. Weitere Hobbys neben dem Schach sind Hyrox, Crossfit und Yoga.

Wie geht es weiter mit dir und Freestyle?
Freestyle oder 960 Schach spiele ich gerne auf Lichess.org. Gerne würde ich auch Freestyle auf Schach.de spielen im großen Spielsaal, doch das wird wohl noch nicht möglich sein laut E-Mailanfrage bei Chessbase vor paar Wochen. Nur gegen Fritz PC, da kann man wohl Freestyle auswählen.
Der Schach-Virus Freestyle verbreitet sich auf jeden Fall immer weiter. Ich freue mich , bei dem Schnellschach 960 Turnier Ende Juni in Zeilsheim von den Chess-Tigers mitzuspielen.

Dort wünschen wir der viel Spaß! Danke Vinzenz und alles Gute! 

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