In der Januar-Ausgabe 2023 des Schach-Magazin64 erschien folgender Artikel übers Schachboxen:
Spektakuläre Shownächte in London und LA
Wie man Schachveranstaltungen als Event vermarktet, das macht zurzeit die junge Sportart Schachboxen vor. Mitte Dezember fanden zwei Veranstaltungen der Extraklasse statt. In London kämpfte die Münchenerin Juliana Baron um die Europameisterschaft im Weltergewicht der Frauen. Barons Kampfname „Kickass Baroness“ ist eine Anspielung auf ihre Vergangenheit als Kickboxerin. Ihre Gegnerin Marie Obegi aus Paris trat unter dem Namen „Killer Queen Marie“ an. Eine blutende Nase und Zeitnot auf dem Schachbrett setzten ihr aber stark zu, so dass Juliana Baron sich über einen hart erkämpften Sieg und den EM-Titel freuen konnte.
Derweil veranstaltete YouTube-Star und Carlsen-Kumpel „Ludwig“ in Los Angeles ein spektakuläres Schachbox-Event. 10.000 Zuschauer vor Ort und mehr als eine halbe Million Fans am Bildschirm verfolgten insgesamt neun Schachbox-Duelle. Erstes Highlight des Abends war die Begegnung zwischen IM Lawrence Trent und GM Aman Hambleton. Trent ist in der Szene bekannt als ehemaliger Caruana-Manager sowie Kommentator zahlreicher Schachturniere. Er hielt sich zuvor beim Schachbox-Club in Berlin fit und speckte im Vorfeld zehn Kilogramm ab. Der Kanadier Hambleton gehört zur Riege der sog. Chessbrahs, einer erfolgreichen Schachstreamer- und Großmeistergruppe aus Kanada.
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Die bessere Fitness von Trent gegen die schachlichen Qualitäten von Hambleton, so lauteten die Erwartungen im Vorfeld. Doch es kam anders. Nach furiosem Beginn auf dem Schachbrett geriet Trent in einen Fäustehagel des Kanadiers und taumelte zu Boden. Der Schiedsrichter entschied auf technischen K.O., und so kam es für Trent zu einem vorschnellen und enttäuschenden Ende. Trent beschwerte sich zunächst, gestand aber später auf Twitter ein, dass der Referee richtig gelegen hatte. Unvergessen jedoch die Geste des Engländers, der zum Einmarsch ein Bild des viel zu früh verstorbenen Schachbox-Erfinders Iepe Rubingh präsentierte.
Mehr Ausdauer bewiesen die beiden bekannten Twitch-Streamerinnen Andrea Botez und WGM Dina Belenkaya. Im Ring machte Botez den aggressiveren und entschlosseneren Eindruck. Doch letztlich machten sich die 500 Elopunkte Unterschied am Brett bemerkbar, und Botez musste kurz vor dem Schachmatt aufgeben.
Ob Schachboxen nur eine vorübergehende Modeerscheinung ist, wird sich zeigen. Trotz der Unterschiedlichkeit der beiden Sportarten gibt es auch viele Gemeinsamkeiten: Den Wechsel von Angriff und Verteidigung, die 1:1-Wettkampfsituation, die psychologische Komponente und den ständig drohenden plötzlichen Knockout. Möglicherweise bringt die Kombination aus Schach und Boxen die positiven Eigenschaften in beiden Sportarten zum Vorschein. Promoter Ludwig meint es jedenfalls ernst und will unter der Marke „Mogul Chessboxing“ weitere Events organisieren. Unterstützung erhält er dabei durch den Sponsor Immortal Game, zu dessen Markenbotschaftern auch Vincent Keymer gehört. Weitere Kämpfe mit großmeisterlicher Beteiligung sind jedenfalls in naher Zukunft zu erwarten.
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